Die Abschaffung des Faktenchecks: Ein Wendepunkt für unsere digitale Gesellschaft
Anfang Januar hat Mark Zuckerberg eine Entscheidung verkündet, die das Internet in seinen Grundfesten erschüttern und zerstören könnte: Meta beendet die Zusammenarbeit mit Faktenprüfer:innen. Es ist der ausgestreckte Mittelfinger Richtung globaler unternehmerischer und gesamtgesellschaftlicher Verantwortung. Die Moderation von Inhalten auf Plattformen wie Facebook und Instagram wird sich künftig auf automatisierte Löschungen bei schwerwiegenden Regelverstoßen beschränken. Eine Aufgabe, die bislang von Menschen übernommen wurde, weicht einem System, das nicht weniger Fragen aufwirft, als es beantwortet.

Die Bedeutung dieser Entscheidung reicht weit über die Grenzen eines einzelnen Unternehmens hinaus. Sie markiert einen Wendepunkt: Das Zeitalter der Selbstregulierung sozialer Netzwerke tritt in eine neue Phase – eine Phase, in der die Verantwortung für die Wahrheitsfindung zunehmend auf die Nutzer:innen übertragen wird. Zuckerberg setzt dabei auf einen absurden Ansatz, der an Elon Musk erinnert - zwei Unternehmer, die aus ähnlich egomanisch-narzistischem Holz geschnitzt sind: Die Gemeinschaft soll entscheiden, was wahr ist und was nicht. Eine Methode, die sich ebenso innovativ wie problematisch darstellt. Sie klingt wie Pippi Langstrumpf, ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt. Der große Unterschied: Pippi Langstrumpf war stets von guten Absichten angetrieben. So frech sie auch war, ihr Herz war rein, und alles, was sie regelbrecherisch tat, war immer im Sinne des Guten. Den Sinn des Guten kann man Elon und Mark schon lange nicht mehr unterstellen. Und konnte man wohl auch noch nie.
Die Konsequenzen einer neuen Informationsordnung
Verlust des Vertrauens
Das Internet war einst ein Ort des Fortschritts, der Vernetzung, des Wissensaustauschs. Oder zumindest war es so gedacht und geträumt. Doch das Vertrauen in die Inhalte, die wir konsumieren, ist schon lange erschüttert. Mit dem Ende des Faktenchecks verschwindet ein weiteres Fragment der Glaubwürdigkeit. Nutzer:innen werden zunehmend allein gelassen, um zwischen Fakt und Fiktion selbst zu unterscheiden – eine Aufgabe, die für viele unüberwindbar ist. Und eine Aufgabe, die viele auch einfach nicht annehmen wollen. Selbstverantwortung ist nicht gerade jedermanns und jederfraus Stärke.
Eine Plattform für Desinformation
Die sozialen Netzwerke haben sich längst zu Katalysatoren für Desinformation entwickelt. Mit der Abschaffung des Faktenchecks verlieren wir eines der letzten Instrumente, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Der Einsatz von KI zur Generierung von Inhalten wird dabei zur größten Herausforderung: Fake-News-Kampagnen könnten in nie dagewesenem Ausmaß orchestriert werden.
Erosion gesellschaftlicher Diskurse
Ohne gemeinsame Grundlagen der Wahrheit drohen gesellschaftliche Debatten weiter zu fragmentieren. Was passiert, wenn wir uns nicht mehr auf grundlegende Fakten einigen können? Die Antwort liegt in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft, die es schwer haben wird, gemeinschaftlich zu handeln.
Verantwortung in der digitalen Welt
Es wäre einfach, die Schuld allein Mark Zuckerberg zuzuschieben. Doch die Wahrheit ist komplexer. Der Druck auf soziale Netzwerke, Inhalte zu moderieren, hat in den letzten Jahren zugenommen – nicht zuletzt durch Skandale wie Cambridge Analytica. Doch anstatt dieses Momentum zu nutzen, um glaubwürdige Systeme zu etablieren, ziehen sich Unternehmen wie Meta weiter zurück.
Was bleibt, ist die Frage, wie wir als Gesellschaft mit dieser Entwicklung umgehen. Wie können wir sicherstellen, dass Werte wie Wahrheit, Transparenz und Verantwortung auch im digitalen Zeitalter Bestand haben?
Ein Weg nach vorn
Stärkung der Medienkompetenz
Die Grundlage für einen bewussten Umgang mit digitalen Inhalten ist Bildung. Schulen, Universitäten und Unternehmen müssen ihre Bemühungen intensivieren, Medienkompetenz zu vermitteln. Nutzer:innen müssen lernen, Quellen kritisch zu hinterfragen und Desinformation zu erkennen. Und vielleicht auch einfach die Haltung entwickeln, dass Internet- und Medieninhalte nichts weiter als Brot & Spiele sind. Zur Ablenkung. Zur Zerstreuung. Aber dass sie keinen relevanten Bestand mehr haben. Internet und Medien-Inhalte sind genauso Fiktion und not real, wie man es eben auch weiß, wenn man einen Hollywood-Movie guckt und dabei Popcorn mampft. Oder einen Porno. Nichts, was man dort sieht, entspricht der Realität. Vielleicht lachen unsere Kinder auch irgendwann über uns: “Was, ihr habt damals die Social-Media- und Internet-Inhalte für bahre Münze genommen?! Wie doof wart ihr denn!”
Regulierung statt Selbstüberlassung
Die Idee der Selbstregulierung hat sich als unzureichend erwiesen. Es ist an der Zeit, klare gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die soziale Netzwerke in die Pflicht nehmen. Transparenz bei Algorithmen und die Haftbarkeit für verbreitete Inhalte sind erste Schritte. Ja, es braucht, wie in der echten Welt, eine Polizei. Eine Internetpolizei. Und es braucht Gesetze. Internetgesetze. Hier könnten übrigens auch direkt eine Menge neuer Jobs entstehen.
Rückkehr zu echten Netzwerken
In einer Welt der digitalen Unverbindlichkeit gewinnt das Analoge an Wert (siehe auch: Die Magie von Analog - Digital befriedigt nicht). Vertrauenswürdige Netzwerke – sei es im persönlichen oder im digitalen Raum – können einen Gegenpol zu den entgrenzten Plattformen bilden. Hier entstehen neue Möglichkeiten, die den Austausch von Ideen und Informationen auf eine vertrauenswürdige Basis stellen.
Raus aus den sozialen Netzwerken
Es ist so simpel: Einfach raus da. Wer einmal seinen Instagram-Account (oder andere seiner Netzwerke) still gelegt hat, stellt schon nach wenigen Tagen überraschenderweise kein Weniger sondern ein sehr viel MEHR fest: Ein Mehr an Zeit, ein Mehr an Fokus, ein Mehr an innerem Frieden, ein Mehr an Erfüllung, ein Mehr an Glücklichsein. Und: Er stellt auch fest, wie wenig oder gar überhaupt nicht er die flirrenden Timelines vollgestopft mit Info-Müll und dem irrelevanten Blick in anderer Leute Leben vermisst. Je weniger wir die sozialen Netzwerke nutzen, desto mehr entziehen wir diesen PLATTFORMEN ihre Macht. Wir dünnen sie aus. Wir drehen es um, wir FORMEN sie PLATT.
Ein Aufruf zur Verantwortung
Das Ende des Faktenchecks ist ein Weckruf. Es liegt an uns – als Individuen, als Organisationen, als Gesellschaft – zu entscheiden, wie wir mit der Herausforderung umgehen. Und ob wir diesen Alarm hören wollen oder einfach faul ausstellen, uns umdrehen und weiter schlafen. Die digitale Welt ist nicht einfach ein Spiegel der realen Welt, sondern formt sie aktiv. Und verzerrt sie aktiv. Wenn wir diese Gestaltungsmacht aus der Hand geben, riskieren wir nicht weniger als die Grundlagen unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Verantwortung übernehmen wir nicht durch moralische Empörung, sondern durch aktives Handeln. Denn das, was auf dem Spiel steht, ist nichts weniger als unsere gemeinsame Realität.
Über die Autorin:
Henriette Frädrich ist Keynote-Speakerin, Moderatorin und Storytelling-Profi. Mit Energie, Humor und Tiefgang nimmt sie ihre Zuhörer:innen mit auf eine Reise durch Themen, die bewegen: von Veränderung und Resilienz über Motivation, Innovation und künstliche Intelligenz bis hin zu Kommunikation und Leadership.
Ihre Mission? Komplexes einfach machen, Köpfe öffnen und Herzen berühren. Ob auf großen Bühnen oder in interaktiven Workshops – sie kombiniert fundiertes Wissen mit emotionalem Storytelling und schafft so nachhaltige Aha-Momente. Ihre Vorträge sind mitreißende Erlebnisse, die inspirieren und Mut machen, den nächsten Schritt zu gehen.
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Anfang Januar hat Mark Zuckerberg eine Entscheidung verkündet, die das Internet in seinen Grundfesten erschüttern und zerstören könnte: Meta beendet die Zusammenarbeit mit Faktenprüfer:innen. Es ist der ausgestreckte Mittelfinger Richtung globaler unternehmerischer und gesamtgesellschaftlicher Verantwortung.
Wenn wir die Mensch-KI-Beziehung als eine Art wohlgesinnte und “gute” Partnerschaft betrachten möchten, braucht es bestimmte Elemente, um diese Beziehung aufzubauen und zu pflegen. Wir müssen u.a. darauf vertrauen können, dass KI unsere Absichten “versteht” und im Einklang mit unseren Werten handelt. Also müssen wir als Menschen dafür sorgen, dass unsere Absichten und Werte „gut“ sind.
Vielleicht ist genau das dringend notwendig Menschliche an KI: "ChatGPT can make mistakes. Consider checking important information.“ Und vielleicht ist genau das, was wir uns Menschen und damit auch allen AI-Tools unbedingt bewahren müssen: Die Möglichkeit, Fehler machen zu dürfen. Und vielleicht ist es gut und wichtig, dass AI Fehler macht. Und immer machen wird.
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