Buchtip: "Was ich euch nicht erzählte" von Celeste Ng

Es sind Sätze wie diese, aus Celeste Ngs Roman "Was ich euch nicht erzählte", die mich nachhaltig bewegt und berührt haben, genauso wie das gesamte Buch und die gesamte Geschichte.

“Wodurch wurde etwas kostbar? Indem man es verlor und wiederfand.”

“Dass Aufmerksamkeit mit Erwartungen einherging, die - wie Schneeflocken - in der Luft trieben, sich niederließen und einen dann mit ihrem Gewicht erdrückten.”

“Wie hatte es angefangen? Wie alles: Mit Müttern und Vätern. … Weil ihre Mutter sich sehnlichst gewünscht hatte, aus der Menge herauszuragen, und weil ihr Vater sich sehnlichst gewünscht hatte, ein Teil der Menge zu sein. Beides war nicht möglich gewesen.”



Vor allem geht es um die Frage: Was macht "Familie" eigentlich mit uns? Und was macht es mit uns, wenn innerhalb eines Familiensystems Träume, Wünsche, Sehnsüchte und Bedürfnisse nicht gelebt werden? Und statt dessen schwere emotionale und mentale Rucksäcke und Altlasten über Generationen hinweg unbewusst weiter gegeben werden? Wenn alle alles richtig machen wollen, aber dadurch alles nur schlimmer wird? Wenn Erwartungen erdrücken und Individualität und Freiheit nie möglich ist?

Ja, man weiß direkt von Seite eins an, dass das verschwundene Mädchen tot ist. Die Hoffnung lässt die Autorin also direkt zu Anfang sterben. Aber dann möchte man es eben wissen. Warum? Was ist passiert? Und dann webt Celeste Ng die Geschichte. Langsam, leise, intensiv. Aus allen Perspektiven bringt sie die Fäden zusammen und beantwortet Stück für die Stück die Frage, wie es zu dem tragischen - und das ahnt man als Leser:in - vermeidbaren - Unfall kommen konnte. Hätten alle doch einfach ... ach was, selber lesen.


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