Die letzten drei Bücher, die ich in den letzten Wochen gelesen habe, waren alle … blau. Zumindest von der Cover-Gestaltung her. Reiner Zufall, ist mit erst aufgefallen, als ich die drei aufeinander gestapelt auf dem „Ausgelesen-Stapel“ vor mir sah.
Ein wunderschönes und wundervolles Buch:
„Nicht von dieser Welt“ von Michael Ebert
Wahrscheinlich bin ich nicht die erste, die den Vergleich mit Wolfgang Herrndorfs großartigem Buch (und Fatih Akins großartigem Film dazu) „Tschick“ heran zieht. Aber ja. Ist so. Und das ist nicht schlimm, ganz im Gegenteil. Ich liebe die Coming-of-Age-Roadtrip-Vibes in „Tschick“. Und genau so ein Aufbruchs-Gefühl schafft Michael Ebert in seinem Buch, eingebettet in eine traurige Familiengeschichte, die wirklich zu Herzen geht, bewegt und berührt. Anfang der 90er Jahre, der 13jährige Mischa lebt mit seiner Mutter, Intensiv-Krankenschwester, in einer Hausmeister-Wohnung im Krankenhaus, in dem die Mutter arbeitet und Schicht um Schicht schuftet. Das Geld ist immer knapp, bzw. oft nie vorhanden. Ein spielsüchtiger Vater, der sich selbst umgebracht hat. Große, tiefe, schmerzvolle Trauer und ein riesiges Verlustloch. Und dann bekommt Mischa eines Tages mysteriöse Anrufe. Von Menschen, die im Krankenhaus gestorben sind. Und die ihn um einen letzten Gefallen bitten. Und so stolpert Mischa in die Rolle als „Engel“ und erfüllt die Wünsche mal mehr, mal weniger gut. Und, er begegnet der belgischen Austauschschülerin Sola. Mit der er sich auf einen Roadtrip begibt, denn irgendwo im tiefsten Osten in einem unterirdischen Stollen sollen Milliarden alte Ostmark versteckt sein.
Ich mochte das Buch sehr, ich war sofort drin in der Geschichte und Mischas melancholischer Gefühlswelt, habe ihn sofort ins Herz geschlossen und bin ihm gern auf sein großes Abenteuer gefolgt. Ein Buch voller Herzwärme und klugen Gedanken und einem tollen, spannenden Plott und alles eingebettet in 90er-Jahre-Nostalgie. Ach, und das bißchen Mystik - Mischa redet schließlich mit Toten - kommt einem irgendwie völlig normal vor. So, als könnte jedem von uns passieren, dass es klingelt und da ist jemand von der anderen Seite dran und bittet uns, sich noch um die eine oder andere seiner Angelegenheiten zu kümmern.
„Nicht von dieser Welt“ von Michael Ebert
Unbedingte Lese-Empehlung.
Buch z.B. bei Amazon
Enttäuschend, irritierend, verwirrend und HÄH …?!:
„Die Lügnerin“ von Friedemann Karig &
„Danach“ von Rachel Cusk
Ich war und bin großer Fan vom Roman „Dschungel“ und dem Sachbuch „Wie wir lieben“, beide von Friedemann Karig. Und so habe ich mich riesig gefreut, als endlich wieder, nach dem Sachbuch „Erzählende Affen“ ein Roman von ihm erschien. Das Cover: Megaschön. Der Plott: Megaspannend, cool, neu und interessant. Eine Frau, die behauptet, alles, was sie sagt, wird wahr. Eine Frau, die Lügen wahr werden lässt. Vom Klappentext und der Romanbeschreibung war ich total angetan und begeistert, was für eine coole Story-Idee. Und ich freute mich richtig aufs Lesen.
Und wurde maßlos enttäuscht. Am Ende des Buches war ich richtig wütend, empört und irgendwie auch „abgefuckt“, fühlte mich auch echt verarscht. Vom Autor, vom Verlag, von den Lektor:innen. Wie konnten die das so durchgehen lassen? Und den Leser:innen so ein Ding zumuten?
Es fängt schon beim Satz des Buches an. Wörtliche Rede muss man irgendwie erahnen. Es gibt keine „Gänsefüßchen“, kein „sagte sie“, kein „sagte er“. Es ist alles kursiv gesetzt und man muss sich den Dialog irgendwie zusammen reimen. Sollte das cool sein? Hipster? Fancy? Modern Les-Art? Ich fand’s furchtbar nervig und irgendwie … unverschämt den Leser:innen gegenüber.
Die Geschichte - die Grundidee - genial. Aber ganz merkwürdig erzählt. Zusammenhanglos, wirre Sprünge. Es kam mir vieles gewollt, aber nicht gekonnt vor. Da will man irgendwie bisschen Raum-Zeit-Horoskop-Astrologie-Zufalls-Wahrheit-Lüge-Philosophie mit unterbringen, aber es war alles so … gestelzt. Wenig sympathisch. Für mich fühlte es sich so an, als hätte da jemand eine echt geile Grundidee gehabt, sich aber in der Umsetzung der Story völlig verrannt. Und es dann mit aller Macht irgendwie durchgezogen und zusammengefrickelt. Aber lieblos. Kaum nachvollziehbar. Ich konnte der Story irgendwann nicht mehr folgen, keine der Protagonistinnen war mir sympathisch, und ich wartete wirklich noch auf den großen Aha-Moment, wo alles einen Sinn ergeben würde. Aber er kam nicht. Und das Buch hörte einfach auf. Irgendwas flog in die Luft. Und dann war Ende. Und ich dachte nur „Häh?“ - und hab mich dann echt richtig drüber aufgeregt. Und mich auch gefragt: Bin ich vielleicht zu blöde für das Buch? Hab ich die intellektuell intelligenten Ebenen einfach nicht verstanden?
Ebenso irritiert und ratlos hat mich „Danach - über Ehe und Trennung“ von Rachel Cusk zurück gelassen. Auch hier fand ich es spannend, ein „Danach“ zu definieren, sich damit auseinanderzusetzen, was passiert, wenn eine Beziehung oder Ehe vorbei ist. Mit einem selbst, mit der Familie, und auch gesellschaftliche Themen mit einfließen. Und das Buch hatte auch einige brillante, scharfkantige Sätze und Passagen, bei denen ich fast die Luft anhalten musste, so gut waren die on Point.
Dennoch hat mich das Buch verärgert. Die Kapitel einzelne Fragmente von Situationen, die abrupt aufhören, und plötzlich ist man in einem ganz anderen Setting, in einer ganz anderen Zeit. Ohne Zusammenhang. Oder ich einfach mal wieder zu blöd? Und oft kam einfach nur der Frust und die Resignation raus, über alles und jeden, den Mann, die Familie, die Kinder, sich selbst, die Gesellschaft. Total trost- und hoffnungslos. Ernüchtert. Verbittert. Und ja, Verbitterung ist logisch und nachvollziehbar in so einer Danach-Situation. Aber so ganz ohne Hoffnung, Reflexion, Humor ist irgendwie doch einfach wenig erquicklich. Und auch hier fragte ich mich: „Häh …?!“ Dann spricht sie von einem X, von einem Z, von einem Y. Und man muss sich alles zusammen reimen, wer das nun ist, welche Beziehung sie mit dieser Person hat. Auch das, es nervt.
Vor allem im letzten Abschnitt des Buches, das plötzlich von einer namenlosen jungen Frau erzählt, die als Haushaltshilfe arbeitet, die offenbar geflüchtet ist, und sich durchschlagen muss. Und dann hört auch dieses Buch einfach auf. Ohne klares Ende. Ohne Erklärung. Ohne Logik. Ohne erquickliche Erkenntnis, außer: Alles einfach Scheiße und Durcheinander und völlig lost bei so einem „Danach“. Und vielleicht ging es der Autorin genau darum. Das „Danach“ genauso so zu erzählen. Und den Leser, die Leserin genauso fühlen zu lassen.
Mein “Danach” nach diesem Buch war jedenfalls ein verärgertes “Häh?!”.