Und wenn es nur dafür war ...

Ich habe vor fast 10 Jahren mal einen Roman geschrieben. Eine coole, witzige Protagonistin macht einen Roadtrip allein durch Kalifornien. In einem Truck. Mit einem Plüsch-Mignon als Beifahrer. Und sie erlebt dabei so allerhand Cooles und Skurriles. 

Ich fand das Ding richtig gut. Und als ich das dann Verlagen angeboten hatte, hagelte es noch nicht mal Absagen. Es hagelte … NICHTS. Einzig ein Verlag gab mir als Feedback, dass die Story langweilig sei, die Protagonistin würde ja gar keine Probleme und Hindernisse und Herausforderungen haben, sondern sich einfach nur eine geile Zeit machen. Und das sei keine gute Geschichte, da fehlte die Entwicklung und Wandlung etc. Ja, aus klassischer Storytelling-Sicht verstehe ich das heute auch. Aber damals dachte ich: Häh, was ist denn bitte daran so schlimm, dass sich jemand einfach eine geile Zeit macht? Ich will sowas lesen. Ich will auch einfach mal kein Drama. Hat mein Leben genug. Geht´s nicht auch einfach mal ohne Drama? Und außerdem fand ich schon, dass sich Pat, meine Protagonistin, wandelt und ihren ganz eigenen Prozess durch macht und durch geht. Und dass es Spaß macht, ihr dabei zu folgen und sie zu begleiten. 

Ja. Ich war, logo, beleidigt, geknickt und frustriert. Und ich alter Stur- und Trotzkopp hab das Ding dann im Eigenverlag rausgebracht, es selbst eher so semiprofessionell gesetzt, selbst 500 (oder gar 1000? Ich weiß es gar nicht mehr) Exemplare drucken lassen, selbst finanziert, selbst das eBook erstellt und alles selbst in den Vertrieb gebracht bei Amazon und Co. Dann alles selbst vermarktet und getrommelt. Und irgendwie die Hoffnung gehabt, dass das vielleicht auch so seine Fans und Leser:innen finden wird. 

Ich habe mich auch immer etwas geschämt, dass es „nur“ ein Buch im Eigenverlag war. Kein „richtiges“ Buch, mit dem Support eines Verlages, mit dem Glauben und Rückendeckung von Agent:innen usw. Und dann habe ich das Ding mit der Zeit irgendwie vergessen und verdrängt. Habe es nie groß erwähnt, auch auf meiner Website nicht mit aufgelistet. Es völlig sich selbst überlassen. Habe jahrelang auch bei Amazon nichts mehr gecheckt und mich auch nicht mehr darum gekümmert. Das eBook war irgendwas verschwunden, und die Amazon-Restbestände wurden wohl irgendwann verschrottet. Mir war das auch egal. Ich hatte einen Haken dahinter gemacht. 

Und dann habe ich letztens einen Vortrag zum Thema „Storytelling“ vorbereitet und gehalten. Es ging dabei um die Macht und Kraft von Geschichten, die klassische Held:innenreise, Transformations- und Veränderungsprozesse usw. Und mir fiel meine eigene Geschichte ein, wie ich eben mal versucht habe, erfolgreiche Romanautorin zu werden. Und das irgendwie - NOCH (so!) - nicht so ganz geklappt hat. Im Zuge dessen habe ich mich dann auch mal wieder getraut, nach meinem eigenen Werk zu googeln, was damit eigentlich so passiert ist. Und bin dann fast vom Stuhl gekippt: Über 400 Amazon-Rezension, über die Hälfte davon „gut" bis "sehr gut". Und jede:r Autor:in weiß - 400 Rezensionen sind … echt … viel. Vor allem für so einen „No-Name“ wie mich. 

Und irgendwie hat mich das echt richtig gefreut. Offensichtlich hat mein "Honeymoon mit mir“ dann doch irgendwie seine (paar) Leser:innen gefunden. Und wenn es nur dafür war. 


MEHR BLOGARTIKEL