Ausgelesen: Von Walen und der ewigen Suche nach sich selbst

Der Bücherwurm und Lese-Inhalte-Erkenntnis-Inspirations-Suchti in mir möchte gern wieder schöne, gute und inspirierende Leseerfahrungen teilen. Beide Bücher empfehle ich vorbehaltlos.

Walfahrt – über den Wal, die Welt und das Staunen
von Oliver Dirr


Ich weiß gar nicht mehr, wie ich auf das Buch kam. Von allein wäre ich jedenfalls nie auf die Idee gekommen, ein Buch über Wale zu lesen. Ich glaube, es war ein Lesetip in einer Zeitschrift - und offensichtlich hatte mich das Buch sofort in seinen Bann gezogen und schon lag es auf meinem Nachttisch. Einfach halt auch mal was anderes lesen. Und sich mit etwas beschäftigen, was normalerweise in deinem Alltag keinerlei Rolle spielt.

Der kleine literarische Ausflug in die Welt der Wale hat mir wirklich viel Spaß gemacht. Oliver Dirr schreibt … irgendwie … speziell. Muss man sich drauf einlassen. Ich kam damit aber gut klar und fand auch das … einfach mal etwas anderes.

Spannend und richtig interessant war es, Wale von allen Seiten und Perspektiven kennen zu lernen. Ihre evolutionsbiologische Geschichte (ähm, so fanden Forscher:innen heraus, dass Wale offensichtlich von urzeitlichen Schäferhunden (!) abstammen - are you kidding me …?), ihr Wesen (was für intelligente und emotionale Kreaturen!), ihr Leben, die vielen verschiedenen Arten, die Mythen, die sich um sie ranken. Oliver Dirr beschreibt auch schonungslos und schockierend das Thema Walfang und die entsetzlichen Qualen, die damit für die Tiere verbunden waren (und leider immer noch sind). Ich hatte beim Lesen einige Male Tränen in den Augen und so viel Wut im Bauch. Wut auf uns selbsgerechte, gnadenlose Menschen. Ich habe Dinge erfahren, die ich noch nie auf dem Schirm hatte, z.B. dass die ganze Weltindustrie auf Walrat, das wertvolle Öl der Wale, aufgebaut war und in Teilen immer noch ist. Es geht auch im Klimawandel und Naturschutz, um Meeresbiologie und wie extrem wichtig die Wale für die Gesundheit der Meere und damit letztlich auch für unsere Existenz als Menschen sind.

„Die Menschheit hat jetzt eine ganze Weile verbissen versucht, die Natur zu erobern, zu zähmen, zu beherrschen und zu kultivieren, und das Ergebnis ist nicht besonders zufriedenstellend. Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, es mal MIT der Natur zu versuchen, statt immer nur gegen sie.“
— Oliver Dirr in "Walfahrt"

Deine Zeit zu sein: Erkenne, was dich zurückhält und führe das Leben, das du verdienst
von Nina Brockmann


Ehrlich gesagt - und schon mal vorab dafür ein ganz dickes Sorry, Nina: Um dieses Buch hätte ich wahrscheinlich auch eher einen großen Bogen gemacht und es mit Abwertungen à la „Nicht noch so ein Eso-Spiri-Selfhelp-Coaching-Buch“, „Solche Bücher schon 1000fach gelesen, da steht auch nichts Neues mehr drin, was ich nicht eh schon weiß“ und „Noch so eine erfolgreiche Spiri-Insta-Maus bringt halt jetzt auch noch ein belangloses Buch raus, wie so viele vor ihr, kann ja gar nicht gut sein“.

Aber ich kam ganz anders zu dem Buch. Ich habe im Sommer am “The Hera Retreat” - einem wunderschönen Yoga-Retreat auf Mallorce vom „The Hera Circle“ teilgenommen. Die Yoga-Sessions wurden von Sina Griebel geleitet, und sie hat uns auch zu der einen oder anderen „Journaling-Session“ eingeladen. Dazu hatte sie uns auch angeboten, aus einem Kartenset intuitiv Karten zu ziehen, und das, was die Karten uns sagen wollten, auf uns wirken zu lassen und zu reflektieren. Die zwei Karten, die ich damals zog, trafen mich voll auf die Zwölf. Es ging um Veränderung, Loslassen, Akzeptanz und Wachstum. Und ja, ich war so begeistert von den kleinen, feinen und verdammt guten Texten, die ich immer und immer wieder gelesen und auf mich wirken lassen habe, dass ich mir das Kartenset selbst für zu Hause auch gekauft habe.

Es war das Kartenset „Dein Authentisches Selbst: 44 Karten, um loszulassen und dir selbst näher zu kommen. Heilende Gedanken für jeden Tag“ von Nina Brockmann, die als „the gnani“ auf Instagram eine beachtliche Community aufgebaut hat und der ich auf diesem Wege zum ersten Mal begegnete.

So bekam ich auch mit, dass Nina ein Buch geschrieben hat. Da ich nun schon so großer Fan von ihrem Kartenset war, war klar, das Buch muss auch her.

Und heiliger Bimbam, was ist dieses Buch gut und was hat es mir die Schuhe ausgezogen. Ja, ich habe aus diesem „Erkenne und finde dich selbst“-Spektrum schon zig Bücher gelesen. Und ja, ich dachte, ich wüsste schon alles. Aber wie wir alle wissen, etwas zu wissen reicht sowas von noch lange nicht, um etwas wirklich auch zu begreifen, zu leben, zu verändern, umzusetzen und zu fühlen.

In Ninas wunderbarem Buch geht es um Erkennen, Fühlen und Heilen. Es geht um Wunden und Schatten und Schmerz und darum, all das anzunehmen – und dennoch seinen Frieden damit zu finden und sich davon zu befreien und zu verabschieden. Es geht um Entwicklung und Wachstum und Liebe. Das kleine Buch kommt so harmlos daher. Kurze Kapitel. Unglaublich gut geschrieben. Ninas Worte sind on Point, sie beschreibt all unsere menschlichen Erfahrungen einfühlsam, glasklar und empathisch, ohne Eso-Spiri-Kitsch. Ich weiß nicht, wieviele Groschen bei mir beim Lesen gefallen sind. Aber es waren verdammt viele. Und ich war der arroganten Übverzeugung, bei mir wären schon lange schon längst alle Groschen gefallen. Demütig trete ich von dieser Überzeugung, lebenslang, zurück.

Neben den Kapiteln stellt Nina viele Fragen, die zum In-sich-Reinhorchen einladen. Und, Nina hat die „normalen Kapitel“ um viele wunderbare Gedichte ergänzt. Allein diese Gedichte, in denen es Nina gelingt, einen in Worte aufzufangen und einzuhüllen, als würde sie bis auf den Grund deiner Seele blicken können und dich verstehen und fühlen, möchte ich am liebsten alle auswendig lernen und mantraartig in mir tragen und in Dauerschleife mir selbst einflüstern.

Beim Lesen (und Lernen und Begreifen und Verstehen und Fühlen) habe ich mich einige Male dabei erwischt, wie ich mich völlig verdutzt fragte: Wie kann diese Nina - Recherchen ergaben einen Jahrgang 1993 - mit ergo gerade einmal 30 Jahren - so verdammt kluge, weise, liebevolle Dinge schreiben? All die Zusammenhänge so glasklar zusammen bringen, so pointiert darstellen, so verständnisvoll formulieren und anbieten? Mit gerade einmal 30 Jahren? Wüsste ich es nicht besser, ich hätte die Autorin zeitlich mal locker in ihren 70ern/80ern - nach einem pickepackevollen Leben - verortet. Ninas Buch und auch ihr Kartenset sind definitiv von einer „alten, weisen Seele“. Ich bin zutiefst beeindruckt.

Mein Exemplar ist voll mit Eselsecken, Gekritzel, Notizen und Ausrufezeichen. Und vielen „O.M.G.´s“, weil mich so vieles darin wirklich umgehauen hat.


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