The Mystery of Banksy: Großartig und großartig beschissen

Eine unbedingte Empfehlung, sich die Ausstellung anzuschauen. Und auch eine Warnung, denn es wird dir danach nicht gut gehen.


Mitte Januar war ich in der großen Banksy-Ausstellung „The Mystery of Banksy“ in Köln. Die Ausstellung ist großartig, großartig gemacht, unglaublich beeindruckend, innovativ, kreativ. Nicht nur Banksys Bilder (alle keine Originale, aber unglaublich gut kopiert) hängen dort an den Wänden, sondern es gibt Video- und Sound-Installationen, Video-Dokus, riesige Installationen, Skulpturen, Objekte, Banksys nachgebaute Atelier-Werkstatt (oder wie man sie sich vorstellt) und und und. Banksys komplette Geschichte, Wirken und Entwicklung über die letzten Jahrzehnte wird hier toll erzählt in begleitenden Texten und Videos.

Die Ausstellung ist ein echtes Highlight - und man sollte sich das wirklich nicht entgehen lassen. Nicht nur, dass hier ein Ausnahmekünstler gefeiert und honoriert wird, sondern auch die Machart der Ausstellung ist modern, zeitgemäß, cool, beeindruckend.

Ja, ich war und bin begeistert. Nachhaltig beeindruckt. Ich hatte wirklich nicht auf dem Schirm, was dieser Herr Banksy alles gemacht hat, welche verschiedenen künstlerischen Stile er bedient und eindrucksvoll beherrscht, welche Geschichten hinter all seinen Werken stecken.

Als ich nach ca. zwei Stunden wieder raus bin, schwirrte mir der Kopf. Und, trotz aller Begeisterung, ging es mir erst mal eine Weile richtig beschissen. Denn ich war etwas naiv, oder sagen wir, komplett unwissend, als ich in die Ausstellung rein gestiefelt bin. Ich dachte, bißchen coole witzige Streetart anschauen von dem Typ, der mit einem heimlichen Schredder die Kunstwelt auf legendary Art und Weise mal so richtig schön veräppelt hat.

Und dann bemerkte ich im Laufe meines Durch-die-Ausstellung-Flanierens folgende Enwicklung bei mir: Ich wurde immer frustrierter und resignierter. Die Bilder und Installationen alle bunt und cool und stylish und mega kreativ. Und dann liest du die Texte dazu. Lässt sie wirken. Texte und Bilder. Ausnahmslos jedes Bild, ausnahmslos jedes Objekt, ausnahmslos jede Installation, ausnahmslos jedes Projekt von Banksy ist ein Spiegel unserer Gesellschaft und der Welt, in der wir leben. Es geht um Konfilkte, Kriege, Konsumgesellschaft, Ungleichheiten, Ungerechtigkeiten, Umweltverschmutzung, Weltmissbrauch, Flüchtlinkskrise - und überhaupt, um sehr, sehr viele Krisen.

Am Anfang bin ich noch lächelnd und mit „ach guck mal wie cool“- Attitude durch die Ausstellung gegangen, doch schon im dritten Raum stagnierte mein Lächeln und spätestens im vierten Raum ging das mit dem Lächeln so gar nicht mehr. Denn Banksy haut uns einfach mal gnadenlos vor die Fresse, wie beschissen unsere Welt zu großen Teilen ist, wie beschissen wir Menschen mit uns Menschen umgehen, wie beschissen wir mit der Welt umgehen. Mit jedem Raum und jedem Bild und jeder Installation und jeder Hintergrundgeschichte versank ich immer mehr in Frust und Resignation und ja, vor allem Scham. Ich schäm(t)e mich, Teil dieser Welt zu sein. Ich schämte mich dafür, dass ich gleich nach Hause gehen könnte, in mein schönes Zuhause, mein kleines spektakulär unspektakuläres Leben weiter leben könnte, mit all seinen - im Vergleich zu den Themen, die Banksy so gnadenlos anprangert - lächerlichen Struggles und „Problemen“, die am Ende gar keine sind. Ich schäme mich, dass ich die Eindrucke der Ausstellung einfach abschütteln werde, ein bisschen seufzen werde und dann mein Leben recht unbehelligt weiter leben werde. Ohne auch nur irgendwas zu unternehmen (können) gegen all die beschissenen Dinge die hier auf Planet Erde schrecklich falsch und schrecklich beschissen laufen.

Ich wollte mit meinem Sohn, 12 Jahre, eigentlich auch noch in die Ausstellung gehen. Aber ich bin von Banksy echt schachmatt gesetzt und lahm gelegt. Ich wollte mit meinem Sohn in die Ausstellung gehen, weil wegen „kiek ma, wie cool, oder, voll geile Streetart“. Aber ich bin feige. Ich kann es gerade (noch) nicht nochmal. Und ja, ich will meinem Sohn auch ganz ehrlich all das, worum es in Banksys Werken eigentlich geht, ersparen. Vor allem wegen mir: Weil ich mich schäme. Für diese Welt. Und keine Antworten habe für meinen Sohn, warum es alles so weit gekommen ist, warum es all diese Konflikte, Krisen und Ungerechtigkeiten gibt. Und warum um alles in der Welt wir nichts wirklich dagegen unternehmen und das beenden können. Oder wollen.


MEHR BLOGARTIKEL