Henriette Frädrich

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"Und in jedem Buchladen kaufe ich dir ein Buch!"

Beste Geschenkidee für alle Bücherwürmer: "Wir gehen heute in sechs Kölner Buchhandlungen, jede ist besonders auf ihre Art, und in jeder Buchhandlung musst du dir ein Buch aussuchen, und das kaufe ich dir dann an“ - hat der Mann gesagt. Challenge accepted!

Was ich spannend fand, war, sich selbst zu beobachten, wie man in einem Buchladen, vollgepackt mit tausenden Büchern, und irgendwie sehen die Cover ja alle heute geil aus, und die Klappentextteaser versprechen alle den höchsten Lesegenuss, und alle schreien sie: Kauf mich! Lies mich! - und wie man dann eben doch ganz intuitiv und mit ein bißchen Magie mit ganz bestimmten Büchern in Resonanz tritt und der Funke sofort überspringt. Und andere wiederum werden in die Hand genommen, die ersten drei Sätze gelesen „Als Mia auf Lollo trifft, ist nichts mehr wie es war. Gemeinsam schwimmen sie 27 Bahnen, bei Windstärke 16, mit der alkoholkranken Mutter, und forden die Dämonen ihrer DDR-Vergangenheit heraus“ und sofort ist da ein, och nö, und nach drei Sekunden wieder weggelegt. 

Meine Buchauswahl ist dann ganz bunt und komplett unterschiedlich geworden. Alles Bücher, die mir ein Amazon-Algorithmus niemals gezeigt hätte. Romane und Sachbücher, bei allen ist der Funke sofort übergesprungen - Cover, Story, Thema hatten mich. Obwohl gar nicht alle Themen „meine Themen“ sind, aber ich lese gerne „out of my Box und out of my Interessens-Bubble“, denn wie kann man unkomplizierter in ganz fremde Welten und Themen reisen als mit einem Buch. Alles Bücher von Autor:innen, von denen ich bis dahin noch nie etwas gehört oder gelesen hatte. Und zufälligerweise war dann auch eine Literaturnobelpreisträgerin dabei. Und von der hätte ich dann wohl mal doch hören sollen, ich Literaturbanausin.

Richtig überrascht war ich aber auch von den verschiedenen Buchhandlungen. Da war so ein ganz neu aufgemachter Hipster-Buchladen mit Kaffeebar und laut dudelnder und nölig-nerviger Singer-Songwriter-Cozy-Lazy-Autumn-Spotify-Playlist im Hintergrund. Ich jedenfalls kann mich nicht konzentrieren und nicht lesen und in fremde Welten abtauchen, wenn da so ein Gitarrenmädel ihre PMS-Symptome und den Liebeskummer singend und folkloristisch bejaulend beklampft. Liebe Buchläden: No music please. Und wenn, dann nur ganz leise und ohne Lyrics. Danke. 

Großartig hingegen Walter Bittner - weil einfach so oldschool und so klassisch und so durch und durch Buch und Literatur, samt der dort arbeitenden Belegschaft, deren Gespräche über Bücher zu belauschen herrlich ist.

Am meisten überrascht - also so richtig Kinnlade-runter-geklappt überrascht hat mich jedoch Walther Königs Buchhandlung. Vor allem aber, weil ich 15 Jahre im BLG gelebt habe, in der Woche zig mal an diesem Eckladen vorbei bin, mit Kinderwagen, Hund, beim Shoppen usw. Und ich immer dachte, die ganzen Auslagen mit den runtergesetzten Kunstbüchern mit dem roten 19,99-Euro-Sticker betrachtend, ach, das ist so ein Rudis-Resterampe-Ramsch-Buchladen. Schön, dass ich nun, fast 20 Jahre später, eines besseren belehrt wurde. Und demütig und mit ganz viel „WOW" und „Hammer!“ und mit „Warum habe ich das nicht eher entdeckt?!“ völlig überwältigt da wieder rausgestiefelt bin. WAS. FÜR. EIN. LADEN. Was für ein einzigartiges Buch-Universum, in dem es offensichtlich alle Bücher dieser Welt über Kunst, Künstler:innen, Fashion, Architektur, Reisen, Regionen, Mysterien, Magie, Design, Stil, Bauen, Gärten, Musik und und und und und … gibt. Die Regale über zwei Etagen gehend, vollgestopft von oben bis unten und von links nach rechts. 

Und jetzt. Brauche ich Zeit. Ich muss lesen.


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